Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54
Abs. 2
SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat die Versorgung mit einem Therapie-Tandem als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung zurecht abgelehnt.
Nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4 ausgeschlossen sind.
Zwar ist ein Therapie-Tandem, wie es der Kläger begehrt, kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, weil es speziell für die Bedürfnisse behinderter Menschen konstruiert und nur von ihnen eingesetzt wird (
BSG, Urteil vom 16.09.1999 -
B 3 KR 9/98 R = SozR 3-2500 § 33
Nr. 32). Ein solches Hilfsmittel ist auch nicht durch die zu
§ 34 Abs. 4 SGB V erlassene
Rechtsverordnung von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommen. Dem Anspruch des Klägers auf ein Therapie-Tandem steht jedoch entgegen, dass dieses nicht "erforderlich" ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.
"Um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern", ist das Therapie-Tandem nicht erforderlich, weil hierzu weniger aufwändigere, wirtschaftlichere (
vgl. § 12 Abs. 1 SGB V) Therapiemaßnahmen zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang hat das Bundessozialgericht (
BSG) mehrfach festgestellt, dass regelmäßige Krankengymnastik nicht nur ausreicht, sondern sogar gezielter und vielseitiger die angestrebten Verbesserungen der körperlichen Verfassung erreichen könne, einschließlich der Stärkung von Muskulatur, Herz-Kreislauf-System, Lungenfunktion, Körperkoordination und Balancegefühl, und deshalb ein Therapie-Tandem nicht für erforderlich gehalten wird, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (
vgl. BSG, Urteil vom 21.11.2002 -
B 3 KR 8/02 R = USK 2002-88;
BSG, Beschluss vom 27.07.2006 -
B 3 KR 11/06 B; ebenso: Bayer.
LSG, Urteil vom 28.08.2003 - L 4 KR 145/01). Wenn das Sozialgericht Düsseldorf dies in einem - wie es betont - Einzelfall anders beurteilt hat (
vgl. SG Düsseldorf, Urteil vom 23.03.2007 -
S 4 KR 17/06), ist dies auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. In einem weiteren Urteil vom 08.05.2007 (
S 4 KR 64/05) hat das SG Düsseldorf die Notwendigkeit eines Therapie-Tandems zur Sicherung des Behandlungserfolgs verneint.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf das Therapie-Tandem, um "einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen". Dieser Zweck eines von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leistenden Hilfsmittels bedeutet nicht, dass nicht nur die Behinderung selbst, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen einer Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderung des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation, die auch die Versorgung mit einem Hilfsmittel umfassen kann, ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (
BSG, Urteil vom 16.09.1999 -
B 3 KR 9/98 R = SozR 3-2500 § 33
Nr. 32). Bei einem unmittelbar auf den Ausgleich der beeinträchtigten Organfunktion selbst gerichteten Hilfsmittel,
z.B. einem künstlichen Körperglied, ist ohne Weiteres anzunehmen, dass eine medizinische Rehabilitation vorliegt. Hingegen werden nur mittelbar oder teilweise die Organfunktionen ersetzende Mittel lediglich dann als Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung angesehen, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf/Gesellschaft/Freizeit), sondern im gesamten täglichen Leben ("allgemein") beseitigen oder mildern und damit ein "Grundbedürfnis des täglichen Lebens" betreffen (
BSG a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu derartigen Grundbedürfnissen die allgemeinen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, die auf die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfassen. Auch das Grundbedürfnis der Erschließung eines "gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden verstanden (
BSG, a.a.O.). Soweit der Kläger das Therapie-Tandem zum Zurücklegen längerer Wegstrecken an der frischen Luft, vergleichbar einem Radfahrer, nutzen will, gehört dies nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens und führt daher ebenfalls nicht zu einem Anspruch eines Behinderten auf ein Hilfsmittel. Das Tandem beschränkt sich dann auf eine bloße Freizeitbetätigung, die nicht zu den Grundbedürfnissen gehört (
BSG, Urteil vom 21.11.2002 -
B 3 KR 8/02 R).
Zur Teilnahme an Aktivitäten anderer Kinder und damit zur Integration in Gruppen Gleichaltriger als einem anzuerkennenden Grundbedürfnis von Kindern ist das Therapie-Tandem nicht geeignet. Denn die Anwesenheit einer Begleitperson, das heißt eines Erwachsenen, wird von Kindern und Jugendlichen bei ihren Aktivitäten, mit denen sie gerade Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Erwachsenen beweisen wollen, üblicherweise nicht akzeptiert (
BSG a.a.O.). Dass das Therapie-Tandem auch und vor allem dazu notwendig ist, um den Kläger möglichst vollständig in das familiäre Leben einzubinden, weil gemeinsamen Fahrradausflügen eine große Bedeutung für das Familienleben zukommt (
vgl. insoweit
BSG, Urteil vom 13.05.1998 -
B 8 KN 13/97 R = SozR 3-2500 § 33
Nr. 28; SG Düsseldorf, Urteil vom 08.05.2007 -
S 4 KR 64/05), ist vorliegend nicht ersichtlich. Der Kläger hat eine ältere Schwester und bereits dadurch eine relativ gute Möglichkeit der sozialen Integration und Kommunikation. Besuche im Nahbereich sind mit dem vorhandenen Rollstuhl und dem vorhandenen Dreirad, gemeinsames Familienerleben bei Ausfahrten mit dem Auto möglich. Damit ist der erforderliche Basisausgleich ausreichend gewährleistet (
vgl. in diesem Sinne auch:
BSG, Beschluss vom 29.01.2009 - B 3 KR 39/08 B).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.