Kurzfassung:
Die 1996 geborene Klägerin begehrt von ihrer Krankenkasse die Gewährung eines so genannten Speedy-Tandems. Sie ist aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens Tetraspastikerin und leidet an einer Lähmung aller vier Extremitäten. Von der Pflegekasse erhält sie Leistungen nach der Pflegestufe 3.
Die Klägerin, die von ihrer Krankenkasse mit einem Aktiv-Rollstuhl ausgestattet ist, beantragte im September 2005 die Versorgung mit einem Speedy-Tandem. Hierbei handelt es sich um ein speziell ausgerüstetes Fahrrad, an welches der Rollstuhl angekoppelt werden kann (ca. 6.000 Euro).
Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab, weil das begehrte Hilfsmittel weder zur Sicherung des Ziels der Krankenbehandlung noch zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich sei. Klage und Berufung blieben erfolglos. Nach Ansicht der Gerichte ist die Klägerin im Nahbereich ausreichend versorgt. Zudem bestehe im Rahmen der Hilfsmittelversorgung nach SGB V kein Anspruch auf die Versorgung mit einem Speedy- oder Therapietandem. Die Ermöglichung des Fahrradfahrens und der Wahrnehmung von Geschwindigkeit und Raum gehöre nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens.
Das BSG hat die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Das Radfahren sei als spezielle Art der Fortbewegung nicht als Grundbedürfnis anerkannt. Dem Grundbedürfnis auf Fortbewegung sei schon dann genüge getan, wenn ein Selbstfahrerrollstuhl im Nahbereich bewegt werden könne, selbst wenn das im Straßenverkehrt nur unter Aufsicht möglich sei. Von der GKV nicht geschuldet werde das Ermöglichen von Freizeitbeschäftigungen wie Wandern und Ausflüge.
Zudem erfahre die Klägerin durch das Speedy-Tandem keine Verbesserung ihrer eigenen Mobilität, sondern allenfalls eine Vergrößerung des Aktionsradius' über den Nahbereich hinaus, was gerade nicht von der Krankenkasse geschuldet werde. Zur Teilnahme an Aktivitäten anderer Jugendlicher und damit zur Integration in Gruppen Gleichaltriger - ein anzuerkennendes Grundbedürfnis von Kindern und Jugendlichen - sei ein Speedy- oder Therapietandem aber nicht geeignet. Die beim Fahren mit einem Tandem notwendige Anwesenheit einer Begleitperson, d.h. eines Erwachsenen, werde von Kindern und Jugendlichen bei ihren Aktivitäten, mit denen sie gerade Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Erwachsenen beweisen wollen, üblicherweise nicht akzeptiert.
Die Klägerin besuche eine Behindertenschule und habe zwei ältere Geschwister, die mit ihr zusammen leben. Besuche im Nahbereich seien mit dem Rollstuhl und gemeinsames Familienleben bei Fahrten mit dem Auto möglich. Damit sei der erforderliche Basisausgleich ausreichend gewährleistet.