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Urteil
Besondere Förderung im Rahmen schulischer Bildung, Erziehung und Betreuung - Förderschwerpunkt

Gericht:

VG Berlin 3. Kammer


Aktenzeichen:

3 K 305.09


Urteil vom:

17.08.2010


Grundlage:

  • VwGO § 58 Abs 2 |
  • VwGO § 74 Abs 1 |
  • SchulG BE § 36 Abs 1 |
  • SondPädV BE § 10 |
  • SondPädV BE § 35 Abs 1

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Der mittlerweile 14jährige, durch seine Eltern als gesetzliche Vertreter vertretene Kläger begehrt die Aufhebung des ihm vom Beklagten mit Bescheid vom 30. April 2009 zuerkannten Förderbedarfs im Förderschwerpunkt "Emotionale und soziale Entwicklung".

In dem auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichteten vorläufigen Rechtsschutzverfahren VG 3 L 323.09 (Beschluss vom 21. August 2009) ging die Kammer von folgendem Sachverhalt aus:

"Seit Oktober 2002 besuchte der Antragsteller eine Vorklasse der "Schule am grünen Grund", einer Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung" in Berlin-Lichtenberg. Seinerzeit lag ein im Dezember 2001 abgefasster ausführlicher ergotherapeutischer Bericht einer entsprechenden Praxis vor, demzufolge hauptsächlich in folgenden Bereichen Probleme festzustellen waren: Tonusregulation, Gleichgewicht, Tiefensensibilität, Koordinationsfähigkeit, taktile Wahrnehmung, visuelle Wahrnehmung, Ablenkbarkeit, Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer, Merkfähigkeit (Kurzzeitgedächtnis), Verhalten durch fehlende häusliche Konsequenz. In dem Bericht wurde ferner festgestellt, dass der Antragsteller sich umgangssprachlich weniger gut ausdrücken könne, dass sein Sprachwortschatz im Spiel nicht abrufbereit sei, weil ihm häufig das treffende Wort nicht einfiel und dass er beim Aussprechen bestimmter Worte Schwierigkeiten hatte. Einem Förderplan für die Vorklasse zufolge wurde Förderbedarf im Bereich Motorik, Sprach- und Kommunikationsverhalten, Sozialverhalten, Lern- und Arbeitsverhalten gesehen. Auf Wunsch seiner Eltern wurde im Hinblick auf die zum Schuljahr 2003/2004 anstehende Einschulung in die Grundschule ein Verfahren zur Feststellung sonderpädagogischen Sonderbedarfs eingeleitet. Dazu äußerte sich die Vorklassenleiterin in einem Bericht vom 10. Mai 2003 im Wesentlichen dahin, dass der Antragsteller ständig die Konfrontation mit anderen suche und oft distanzlos und aggressiv agiere. Sein Sprachverständnis und die Aussprache seien altersgerecht entwickelt. Einem Bericht der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des "Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge gGmbH" vom 7. Februar 2003 zufolge befand sich der Antragsteller dort von September 2002 bis Januar 2003 wegen massiver aggressiver Durchbrüche mit Fremd- und Selbstgefährdung, wegen schwerer Kontakt- und Beziehungsstörungen sowie chronifizierter familiärer Konflikt- und Belastungssituation in tagesstationärer Behandlung. In dem Bericht wurde der Antragsteller als ein "massiv kontaktgestörtes Kind" bezeichnet, das von seelischer Behinderung bedroht sei. Nach Durchführung verschiedener Tests zur Feststellung des allgemeinen geistigen Entwicklungsstandes und weiterer Erhebungen wurde in einem sonderpädagogischen Gutachten vom 25. Juni 2003 für den Antragsteller ein psychosozialer Entwicklungsrückstand und ein daraus resultierender sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich "emotionale und soziale Entwicklung" festgestellt und seine Einschulung in die "Schule am grünen Grund" empfohlen. Zu seinem Sprachverhalten heißt es in dem Gutachten, dass der Antragsteller wortkarg und sprachscheu sei, dass er teilweise undeutlich artikuliere, dass sein sprachliches Ausdrucksvermögen jedoch differenziert sei. Einem in dem Gutachten ausgewerteten sprachheilpädagogischen Bericht vom 18. Juni 2003 zufolge hatte der Antragsteller seinerzeit bereits die lautsprachlichen Voraussetzungen der Muttersprache umfänglich erworben und nur leichte Auffälligkeiten bei einzelnen Lautbildungen. Es seien kaum Rückstände im Bereich der grammatikalischen Prinzipien der Sprache festzustellen gewesen, seine Artikulation sei deutlich, die Pluralbildung überwiegend fehlerfrei, ebenso der Gebrauch des Kasus, Verben verwende er überwiegend korrekt, Adjektive und Präpositionen fehlerfrei. Die Artikulation sei deutlich, wenn auch Endungen manchmal verschluckt würden. Auf der semantisch-lexikalischen Ebene sei festzustellen, dass er Substantive vielfältig und markiert von Verben und Adjektiven reichhaltig bzw. häufig gebrauche. Er sei ein sehr offenes und sprechfreudiges Kind, er spreche differenziert und flüssig und verfüge über eine gute Merkfähigkeit für verbale Inhalte. Ausdrücklich heißt es in dem Gutachten: "Bei Paul besteht kein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich der sprachlichen Entwicklung".

In einer Förderausschusssitzung unter Beteiligung der Eltern des Antragstellers vom 25. Juni 2003 wurde die Empfehlung für den Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung" ausgesprochen; dem stimmten die Eltern des Antragstellers durch Unterschrift zu. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport stellte durch Bescheid vom 21. Juli 2003 fest, dass der Antragsteller sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung" hat.

Im September 2004 entsprach die Dahlmann-Schule, eine Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt "Sprache", dem Wunsch der Eltern des Antragsteller und der ihn betreuenden Tagespflegestelle, ihn zunächst probeweise für zwei Monate aufzunehmen. Dem lag die Einschätzung der Tagespflegestelle zugrunde, dass der Antragsteller trotz einer im Rahmen der Tagespflege und im familiären Bereich festzustellenden Stabilisierung positiver sozialer Verhaltensstrukturen im Klassenverband wieder derart auffällig sei, dass eine stationäre psycho-therapeutische Maßnahme erwogen werde. Hierzu trage bei, dass der überwiegende Anteil seiner Mitschüler vielfältigste Auffälligkeiten aufweise und sich seinerseits in psycho-therapeutischer Betreuung befinde. An der Dahlmann-Schule werde der Antragsteller in einer kleinen Klasse mit einem stabilen Klassenverband unterrichtet werden können, so dass seine Verhaltensauffälligkeiten zurückgedrängt werden könnten. Nach Ablauf der vereinbarten Probezeit sprach sich die Klassenkonferenz der Dahlmann-Schule für den Verbleib des Antragstellers an dieser Schule aus und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Verhalten des Antragstellers positiv eingeschätzt werde, obwohl er eine straffe Führung und intensive Förderung benötige. Bemerkt wurde, dass sich "sprachliche Auffälligkeiten" in allen Unterrichtsbereichen gezeigt hätten. Einer in diesem Zusammenhang verfassten "Einschätzung" der Klassenlehrerin des Antragstellers zufolge habe sein undiszipliniertes Verhalten abgenommen, auffällig sei allerdings weiterhin ein motorisch unruhiges Verhalten. Hinzu kämen eine sprachliche Entwicklungsverzögerung in Gestalt einer verwaschen klingenden Sprache sowie grammatikalischen Fehlern bei der Satzbildung und Wortfindungsschwierigkeiten.

Am 6. November 2008 wurde in der 6. Klasse des Antragstellers der Allgemeine Deutsche Sprachtest (ADSD) sowie ein Bildungsberatungstest durchgeführt. Nach Auswertung der Testergebnisse teilte der zuständige Schulrat, nach Auskunft des Antragsgegners ausgebildeter Sonderpädagoge und Fachreferent für den Förderbereich "Sprache", den Eltern des Antragstellers mit, dass die Testergebnisse auf keinen weiteren sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich "Sprache" hinwiesen. In einem Beratungsgespräch vom 12. Februar 2009 wurde darauf hingewiesen, dass sich erwiesen habe, dass der Antragsteller gute Ergebnisse in der Altersnorm und teilweise auch darüberliegend erzielt habe und daher kein Förderbedarf im Bereich "Sprache" vorliege. Hinzu komme, dass er auch gute schulische Ergebnisse und insgesamt eine gute Entwicklung vollzogen habe. Ausweislich des auch von den Eltern des Antragstellers unterschriebenen Beratungsprotokolls sahen die Eltern des Antragstellers sonderpädagogischen Förderbedarf in Hinsicht auf die emotionale und soziale Entwicklung. Seitens der Schule werde für den anstehenden Übergang in die Sekundarstufe I der Besuch einer Realschule empfohlen.

Anfang März 2009 beantragten die Eltern des Antragstellers und die Schulleitung der Dahlmann-Schule die Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung". Zugrunde lag eine Einschätzung der Klassenkonferenz vom 3. März 2009, wonach das Verhalten und die Mitarbeit des Antragstellers im Unterricht als weiterhin sehr auffällig dargestellt wurde; er habe große Konzentrationsschwankungen, sei sehr zurückgezogen und äußere sich sprachlich nur nach Aufforderung. Empfohlen werde daher die Festschreibung des Förderbedarfs "emotionale und soziale Entwicklung". Die unter Beteiligung der Mutter des Antragstellers am 5. März 2009 tagende Schul-Hilfe-Konferenz sprach sich ebenfalls dafür aus, dass weiterhin Förderbedarf in diesem Förderschwerpunkt vorliege. Einem Bericht des Klassenleiters des Antragstellers vom 26. März 2009 zufolge sei der Antragsteller aufgrund einer emotional-sozialen Störung "und damit verbundener Sprachauffälligkeiten (Sprechangst)" in die Dahlmann-Schule aufgenommen worden. Nach medikamentöser Behandlung habe er sich besser konzentrieren können; nach deren Reduzierung hätten seine Konzentrationsschwierigkeiten und seine Sprachauffälligkeiten jedoch wieder zugenommen. Er sei ein ruhiger, sehr in sich zurückgezogener Schüler, dem es an Selbstvertrauen mangele und dem es schwerfalle, sich laut, klar und verständlich auszudrücken. Er benötige ein geregeltes soziales Umfeld und eine ruhige Lernatmosphäre sowie einen streng festgelegten Tagesablauf.

Ein den Antragsteller als Ambulanzlehrer unterrichtender Sonderschullehrer bescheinigte in einer Stellungnahme vom 7. April 2009 dem Antragsteller einen sehr hohen Förderbedarf im Bereich der emotional-sozialen Entwicklung. Der Antragsteller sei sehr ruhig und spreche so leise, dass er nur schwer zu verstehen sei, er beteilige sich nicht aus eigenem Antrieb an Unterrichtsgesprächen, lasse sich ablenken, wirke in Gesprächen sehr verlegen und antworte leise in Einwortsätzen.

Mit Bescheid vom 30. April 2009 stellte die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung fest, dass der Antragsteller weiterhin sonderpädagogischen Förderbedarf im sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung" hat und dass dies bis zum Ende des Schuljahres 2010/2011 befristet werde.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller, vertreten durch seine Eltern, mit am 21. Juli 2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben (VG 3 K 305/09). Er trägt vor, dass bei ihm weiterhin der "sprachliche Förderbedarf" im Vordergrund stehe und beanstandet "die Verlagerung und Aberkennung des Förderbedarfs" durch den angefochtenen Bescheid. Der Antragsteller verweist auf eine Stellungnahme der Abteilung Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge gGmbH vom 29. Mai 2009, derzufolge bei ihm seit Jahren multiple psychische Erkrankungen vorliegen. Neben einer chronifizierten Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, die eine tägliche medikamentöse Behandlung erfordere, liege eine emotionale Störung mit sozialer Ängstlichkeit, insbesondere mit sozialen Ängsten und mutistischem Verhalten in neuen oder komplexeren sozialen Situationen vor, was sich in einer Sprachblockade in unbekannten Situationen trotz vorhandener Sprachfähigkeit in vertrauten Situationen darstelle. Da der Antragsteller, dessen Verhalten früher durch schwere Störungen in den Bereichen Sozialverhalten, Bindungs- und Kontaktverhalten sowie Depressivität gekennzeichnet gewesen sei, keinerlei Erfahrungen mit größeren Klassen habe, sei eine Ausweitung seiner Symptomatik unter Regelschulbedingungen (Realschule mit großem Klassenverband) zu erwarten."

Dieser Sachverhalt liegt auch dem vorliegenden Klageverfahren zugrunde.

Der Kläger hat mit der am 21. Juli 2009 bei Gericht eingegangenen Klage schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Bescheid der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 30. April 2009 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens VG 3 L 323.09 und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 27. Oktober 2009 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Rechtsprechungsdatenbank Berlin

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Einzelrichter gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung über die Klage entscheiden.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie rechtzeitig erhoben worden; denn die dem Bescheid vom 30. April 2009 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung knüpft entgegen § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO den Lauf der Klagefrist an die "Zustellung" des Bescheides, statt an dessen Bekanntgabe, obwohl hier keine förmliche Zustellung stattfand. Unter diesen Umständen war die Belehrung unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, so dass für die Klageerhebung eine Jahresfrist seit Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides gilt.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Zur mangelnden Erfolgsaussicht führte die Kammer in den Gründen des im vorläufigen Rechtsschutzverfahrens VG 3 L 323.09 am 21. August 2009 ergangenen Beschlusses aus:

"Schon vom Ausgangspunkt her geht das Klagevorbringen an der Sache vorbei. Der mit der Klage angefochtene Bescheid stellt fest, dass der Antragsteller weiterhin sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung" hat. Damit beantwortet dieser Bescheid die angesichts des bevorstehenden Wechsels von der Grundschule in die Sekundarstufe I in der Klassenkonferenz vom 3. März 2009 aufgeworfene und zum Gegenstand eines entsprechenden Feststellungsantrages vom 5. März 2009 gemachte Frage, ob ihm dieser Förderbedarf weiterhin zuerkannt werden kann, zugunsten des Antragstellers. Dass die Klage darauf gerichtet ist, diesen Bescheid (ersatzlos) aufzuheben, ist mit den Feststellungen aller während des Verwaltungsverfahrens befassten pädagogischen Fachkräfte, die sich aufgrund einer sorgfältigen Analyse des bisherigen Verlaufes und des derzeitigen Ausmaßes der Verhaltensstörungen des Antragstellers für einen fortbestehenden Förderbedarf im Bereich "emotionale und soziale Entwicklung" ausgesprochen haben, und auch mit dem im Rahmen des Feststellungsverfahrens geäußerten Wunsch der Eltern des Antragstellers, ihm weiterhin diesen Förderbedarf zuzuerkennen, schwerlich in Einklang zu bringen. Gemäß § 13 Abs. 1 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung - SoPädVO - vom 19. Januar 2005 (GVBl. S. 57) in der Fassung vom 23. Juni 2009 (GVBl. S. 309) werden in diesem Förderschwerpunkt Schülerinnen und Schüler gefördert, die aufgrund von erheblichen Beeinträchtigungen im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung sowie des Erlebens und Verhaltens ohne diese Förderung in der allgemeinen Schule nicht oder nicht hinreichend unterstützt werden können. Dafür, dass diese Voraussetzungen bei dem Antragsteller gegeben sind, sprechen alle vorliegende Befunde und Erhebungen, die aus der Zeit vor seiner Einschulung, aus der Zeit des bisherigen sechsjährigen Schulbesuchs und aktuell vorliegen, einschließlich der von ihm vorgelegten Stellungnahme des Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge vom 29. Mai 2009. Weder mit dem Klage- noch mit dem Antragsvorbringen stellt der Antragsteller dies substanziiert in Frage.

Soweit er geltend macht, der Bescheid vom 30. April 2009 entziehe ihm einen ihm bis dahin zuerkannten Förderbedarf im Förderschwerpunkt "Sprache" bzw. erkenne ihm einen solchen Förderbedarf ab, übersieht der Antragsteller, dass ihm ein solcher Förderbedarf bislang zu keinem Zeitpunkt durch entsprechenden feststellenden Bescheid zuerkannt wurde und dass nach Aktenlage auch keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen wurden, die statt des Förderbedarfs im Bereich "emotionale und soziale Entwicklung" eindeutig für einen Förderbedarf im Bereich "Sprache" gesprochen hätten. Gemäß § 36 Abs. 1 SchulG haben Schülerinnen und Schüler, die in ihren Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten derart beeinträchtigt sind, dass sie ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können, Anspruch auf besondere Förderung im Rahmen schulischer Bildung, Erziehung und Betreuung. Dieser Anspruch, der sich darin äußert, dass der betroffene Schüler entweder eine integrative Beschulung an einer allgemeinen Schule, die durch entsprechende Fördermaßnahmen auf seine Benachteiligung Rücksicht nimmt, oder auf Beschulung an einer Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt verlangen kann, besteht allerdings nur, wenn in dem nach der SoPädVO vorgesehenen Verfahren ein spezifischer sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wird. Dies ist für den Antragsteller geschehen indem, ihm förmlich sonderpädagogischer Sonderbedarf im Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung" im Hinblick auf die seit seiner Vorschulzeit offenkundig zutage getretenen und aktenkundig gewordenen Verhaltensauffälligkeiten zuerkannt wurde. Es sind weder greifbare Anhaltspunkte dafür ersichtlich noch vom Antragsteller vorgetragen worden, dass dieser Förderbedarf in seinem Falle nicht oder nicht mehr besteht. Sein auf die "Beseitigung" dieses Förderbedarfs gerichtetes Begehren kann daher keinen Erfolg haben.

Ein von ihm geltend gemachter Förderbedarf im Förderschwerpunkt "Sprache" ist ihm weder aberkannt worden noch ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnissen und aus seinem Vorbringen, dass ihm ein entsprechender Förderbedarf zusteht oder jedenfalls als der - bei einer Mehrfachbehinderung vorliegende - intensivste Förderbedarf anzuerkennen wäre.

Alles spricht dafür, dass der Antragsteller nicht wegen einer Sprachbehinderung, sondern wegen seiner Verhaltensauffälligkeiten von der zunächst von ihm besuchten Schule Am grünen Grund zur Dahlmann-Schule wechseln konnte. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Förderbedarfs im Bereich "Sprache", der nach § 10 SoPädVO voraussetzt, dass ein Schüler wegen einer erheblichen Sprachbehinderung seine Fähigkeiten und Anlagen in der Schule ohne eine entsprechende Förderung nicht angemessen entwickeln kann, lagen - soweit ersichtlich - bis dahin nicht vor. Die Aufnahme in die Dahlmann-Schule erfolgte, wie sich dem darauf gerichteten Antrag der heilpädagogischen Tagespflegestelle vom 28. August 2004 und dem diesen Antrag zugrunde liegenden Bericht vom 1. Mai 2004 entnehmen lässt, und dem Antragsteller ein durch kleine Klassen und ohne Schüler mit entsprechenden Verhaltensauffälligkeiten geprägtes Lernumfeld bieten zu können, von dem man sich einen günstigen Einfluss auf sein emotionales und soziales Verhalten versprach. In der Entschließung der Klassenkonferenz der Dahlmann-Schule vom 19. November 2004 wurde zwar konstatiert, dass es auch sprachliche Auffälligkeiten in allen Unterrichtsbereichen gebe. Diese Feststellung erscheint jedoch eher beiläufig im Vergleich zu der im Vordergrund stehenden emotionalen und sozialen Entwicklungsstörung des Antragstellers und diente offenbar in erster Linie der Rechtfertigung, ihn weiterhin an einer Schule belassen zu können, die in erster Linie auf Schüler mit einem anderen sonderpädagogischen Förderbedarf ausgerichtet ist. Auch in der "Einschätzung" der Klassenlehrerin vom 19. November 2004 steht die festgestellte sprachliche Entwicklungsverzögerung ersichtlich nicht im Vordergrund, ganz abgesehen davon, dass sich dieser Beschreibung keine Anhaltspunkte für eine "erhebliche Sprachbehinderung" entnehmen lassen. Einer - offenbar im Zusammenhang mit der Schulhilfekonferenz vom 24. November 2008 verfassten - Stellungnahme eines Sonderpädagogen der Dahlmann-Schule (ohne Datum) ist ein Hinweis auf ein "instabiles Sprachniveau bei erheblicher seelischer Gefährdung durch regressives Verhalten und reaktiven selektiven Mutismus in Belastungssituationen" zu entnehmen, wobei es sich um eine Sprachstörung handele, die durch die mit dem Antragsteller durchgeführten Tests nicht erfasst werde. Aber auch diese knappe Einschätzung, die nicht erkennen lässt, auf welcher Grundlage und mit welchen Methoden sie erhoben wurde, spricht eher dafür, dass das "instabile Sprachniveau" sich nicht als Sprachbehinderung im engeren Sinne darstellt, sondern als unmittelbare Folge bzw. Begleiterscheinung der bei dem Antragsteller im Vordergrund stehenden Verhaltensauffälligkeiten.

Gegen eine erhebliche Sprachbehinderung, die einen entsprechenden Förderbedarf rechtfertigt oder die jedenfalls im Sinne des § 16 Abs. 1 SoPädVO gemessen an der nach allen vorliegenden Erkenntnissen eindeutig im Vordergrund stehenden Beeinträchtigung des Antragstellers im emotionalen und sozialen Bereich als der intensivere Förderbedarf erscheinen könnte, sprechen - worauf der Antragsgegner unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Schulrates und Sonderpädagogen Rösner vom 27. Juli 2009 zutreffend hinweist - nicht nur die Ergebnisse der mit dem Antragsteller am 6. November 2008 durchgeführten Tests, in denen er durchschnittliche und teilweise sogar überdurchschnittliche Ergebnisse erreichte, sondern auch das ihm von der Dahlmann-Schule unter dem 14. Juli 2009 zum Abschluss der 6. Klassenstufe ausgestellte Zeugnis. Darin werden seine Leistungen in Deutsch insgesamt mit befriedigend, im "Sprechen und Gespräche führen" ebenfalls mit befriedigend, in "Texte verfassen" gleichfalls mit befriedigend und in "Rechtschreiben" sogar mit gut benotet. Auch seine mündlichen Leistungen in der Fremdsprache Englisch sind mit befriedigend bewertet worden.

Allein aus dem Umstand, dass der Antragsteller seit dem Schuljahr 2004/2005 an der Dahlmann-Schule unterrichtet wurde, kann er bezogen auf den von ihm offenbar verfolgten Anspruch auf Zuerkennung sonderpädagogischen Förderbedarfs im Förderschwerpunkt "Sprache" nichts für sich herleiten. Eine förmliche Feststellung eines Förderbedarfs in diesem Förderschwerpunkt, die nur durch ein auf Aberkennung dieses Förderbedarfs gerichtetes Verfahren (§ 35 SoPädVO) beseitigt werden könnte, wurde damit nicht vorgenommen. Seine Beschulung an der in erster Linie für sprachbehinderte Schülerinnen und Schüler ausgestatteten Dahlmann-Schule erfolgte vielmehr erkennbar in erster Linie im Hinblick auf die besonderen äußeren Unterrichtsbedingungen, die ihm hier geboten werden konnten."

Auch eine nicht nur summarische Prüfung des Klagebegehrens führt zu keinem anderen Ergebnis, zumal der Kläger die Gründe des Beschlusses vom 21. August 2009 nicht substantiiert angegriffen hat. Sein sehr unbestimmt gebliebener Hinweis, bei dem Kläger wie auch bei anderen Mitschülern habe es deutliche Widersprüche zwischen im Oktober und November 2008 in der Schule vorgenommenen Tests und einem vom Schulrat beauftragten "Gutachten" vom Februar 2009 gegeben, die weiterer Aufklärung bedürften, ist nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen; denn insoweit zeigt der Kläger nicht auf, dass der Bescheid vom 30. April 2009, der das Bestehen von Förderbedarf im sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "Emotionale und soziale Entwicklung" feststellt, etwa deshalb rechtswidrig sei, weil die Voraussetzungen für diesen Förderbedarf nicht vorliegen, oder auch deshalb, weil - wie der Kläger zu Unrecht meint - ein ihm bis dahin zustehender Förderbedarf im sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "Sprache" aberkannt worden sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Referenznummer:

R/R4861


Informationsstand: 29.04.2011