Schwerbehindertenausweis beantragen oder nicht?
Sie können selbst entscheiden, ob Sie einen Schwerbehindertenausweis beantragen möchten oder nicht. Es besteht also keine Pflicht.
Um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern, erläutern wir hier, wie eine Beantragung abläuft und welche Vor- und Nachteile eine anerkannte Schwerbehinderung mit sich bringt.
Sind Sie betroffen?
Behinderung
Nach dem Gesetz sind Menschen behindert, wenn sie gesundheitliche Probleme haben, die länger als sechs Monate anhalten und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Dabei kann es sich um körperliche, geistige oder psychische Probleme handeln.
Schwerbehinderung
Schwerbehindert sind Menschen, bei denen das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 festgestellt hat. Wer einen GdB von 50 und mehr hat, kann einen Schwerbehindertenausweis beantragen. Der Grad der Behinderung sagt aber nichts über die Leistungsfähigkeit aus.
Gleichstellung
Wenn der Grad der Behinderung (GdB) unter 50 liegt, aber wenigstens 30 beträgt und es wegen der Behinderung Schwierigkeiten gibt, einen Arbeitsplatz zu bekommen oder zu behalten, können Sie gleichgestellt werden. Eine Gleichstellung bekommen Sie durch die Arbeitsagentur. Den Link zum Antrag finden Sie weiter unten.
Jugendliche mit Behinderungen können während einer Berufsausbildung auch gleichgestellt werden, wenn kein GdB festgestellt wurde. Der Ausbildungsbetrieb kann dann auch Zuschüsse vom Integrationsamt erhalten.
Gesetzliche Definition von Behinderung, Schwerbehinderung und Gleichstellung:
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Gleichstellungsantrag
Bundesagentur für Arbeit -
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REHADAT erklärt: Behinderung
REHADAT-Lexikon -
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REHADAT erklärt: Schwerbehinderung
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REHADAT erklärt: Gleichstellung
REHADAT-Lexikon
Sollten Sie einen Schwerbehindertenausweis beantragen?
Wenn Sie einen Schwerbehindertenausweis besitzen, gelten besondere Regelungen. Diese sollen Nachteile ausgleichen, die durch die Behinderung entstehen, und einen gewissen Schutz am Arbeitsplatz bieten. Sie sind im dritten Teil des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) festgelegt.
Es gibt auch Nachteilsausgleiche, für die Sie keinen Schwerbehindertenausweis brauchen. Für Nachteilsausgleiche bei Prüfungen brauchen Sie diesen zum Beispiel nicht. In solchen Fällen genügt es oft, wenn Sie ein ärztliches Gutachten über die Behinderung vorlegen.
Wer besondere Unterstützung braucht und auch nach der Ausbildung auf Hilfe angewiesen ist, ist mit einem Ausweis gut beraten. Die wichtigsten Möglichkeiten, die Sie nur mit einem Schwerbehindertenausweis nutzen können, sind folgende:
- Unterstützung durch den Integrationsfachdienst
- Begleitende Hilfe vom Integrationsamt bzw. Inklusionsamt
- Besonderer Kündigungsschutz
- Steuerliche Vorteile
- Zusatzurlaub in Ausbildung und Arbeit
Im REHADAT-Lexikon können Sie die Vorteile abhängig vom GdB nachlesen.
Obwohl der Grad der Behinderung nichts über die Leistungsfähigkeit eines Menschen aussagt, sehen einige Unternehmen dies kritisch. Leider wird der besondere Kündigungsschutz machmal als "unkündbar" ausgelegt, obwohl dies nachweislich nicht der Fall ist.
Dass es sich dabei um Vorurteile handelt, beweisen viele gute Beispiele: Unternehmen, die schon Erfahrungen haben, wissen, dass Auszubildende mit einer Behinderung meist motivierter und leistungsbereiter sind und dass sie keine längeren Fehlzeiten vorweisen als Azubis ohne Behinderung.
Einige dieser Beispiele finden Sie im Portal REHADAT-Gute Praxis.
Wie Sie einen Schwerbehindertenausweis erhalten
Einen Schwerbehindertenausweis erhalten nur Menschen mit Schwerbehinderung, also bei einem GdB von 50 oder mehr. Außerdem müssen Sie in Deutschland wohnen oder arbeiten.
Den Schwerbehindertenausweis beantragen Sie bei Ihrer Kommunalverwaltung oder beim Versorgungsamt. Fragen Sie beim Bürgeramt Ihrer Stadt nach.
Bei Ihrem Versorgungsamt oder Ihrem Bürgerbüro erhalten Sie das Formular, um den Antrag zu stellen. Dieses ist je nach Bundesland unterschiedlich.
In einigen Bundesländern können Sie den Antrag auch online stellen.
Im Antragsformular stellen Sie Ihre Erkrankungen dar. Belegen Sie diese mit Arztberichten und geben Sie Ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte an. Das Versorgungsamt zieht diese hinzu, wenn die eingereichten Unterlagen nicht ausreichen, um einen GdB feststellen zu können.
Wenn die zuständige Stelle Ihren Antrag erhalten hat, wird dieser unter Beteiligung von ärztlichem Fachpersonal geprüft. Wie lange das Feststellungsverfahren dauert, ist unter anderem von Ihren eingereichten Unterlagen abhängig und davon, ob Ihre behandelnden Ärzte und Ärztinnen kontaktiert werden. Grundsätzlich sollten Sie mit einer Zeit zwischen zwei und vier Monaten rechnen.